Es gibt wohl kaum eine andere Sportart als die der Schützen, die auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurückblickt. Die Verbindung von sportlichen Vergleich und urwüchsigen Brauchtum zeichnet noch heute die bestehenden Schützenvereine, Gesellschaften und Gilden aus. Die älteste Tradition der Schützen ist bis heute das Vogelschießen. Überlieferte Rituale reichen bis weit in das Altertum zurück.
Aus dem Jahr 1489 findet sich ein erster Beleg über ein in Ohrdruf abgehaltenen Schützenhof. In der Stadtrechnung von Neustadt an der Orla aus dem Jahre 1488/89 in dem Kapitel ”Den Schützen” ist auf Blatt 67 ausgewiesen:
“.... hat man den Schützen zu Ordorff
mitgegeben am Freitag...
2 Gulden gegeben für Furlonn
den.... Schützen zu Ordorff”
Der Ursprung der Schützengesellschaft liegt wohl schon einige Jahrhunderte zurück. Eine der ältesten Nachrichten enthält die Schützenordnung, welche der hiesige Stadtrat mit Vorwissen der gräflich Gleichischen Herrschaft im Jahre 1454 erteilt hat. Durch die gedachte Ordnung wurde die Gesellschaft keineswegs erst begründet, sondern vielmehr deren Einrichtung nach den alten Gewohnheiten nur festgestellt. Auf Grund dieser Schützenordnung besteht die Jahresangabe im Namen der Altschützengesellschaft nachweislich zu Recht. Die Altschützengesellschaft gehört somit zu einem der Ältesten Schützenvereine in Deutschland.
Nach der Erteilung des Stadtrechts an Ohrdruf begann auch hier die Zeit der Schützenhöfe. Wie oben schon berichtet fand 1489 der erste nachweisbare Schützenhof in Ohrdruf statt.
Mit der Erhebung Ohrdrufs zur Gleichischen Residenzhauptstadt 1550 begann die Blütezeit der hiesigen Schützenhöfe.
Die Notwendigkeit zum Bau von Schießstätten und den entsprechenden Schießhäusern ergab sich wahrscheinlich erst mit der Einführung der Feuerwaffen. Ob nach der Erteilung der Schützenordnung im Jahre 1554 bereits ein Schießhaus bestand ist nicht bekannt. Zumindest muss es einen Schießstand gegeben haben, da regelmäßig das Schießen geübt wurde und schon vor 1554 mehrere Schützenhöfe in Ohrdruf abgehalten wurden. Von den Stadträten wurde 1554 der Bau eines Schützenhauses zugesagt. Es wurde wohl auch gebaut, denn 1637 beschwerten sich die Schützen über dessen ruinösen Zustand. Erst im Jahr 1714 wurde ein neues Schießhaus aus Kämmerei-Mitteln auf dem Platz vor dem Crawinkler Tor gebaut. Nach mehrfachen Abrissen und Neubauten gab Fürst August Wilhelm von Hohenlohe-Ingelfingen 1750 den Auftrag zur Errichtung des Schützenhauses in der Suhler Straße, den heute noch existierenden “Alten Schützenhof..”.
Durch mehrere Unfälle beim Schießen wurde 1881 von der Regierung das Schießen an diesem Standort verboten. Deshalb verkaufte die Altschützengesellschaft am 15. August 1881 den Schützenhof.
In der nächsten Generalversammlung wurde der Beschluss gefasst, einen neuen Schießstand an der Goldbergstraße auf dem so genannten Schinds anzulegen.
Bis 1945 blieben die Stände und das Schützenhaus außer einigen Renovierungsarbeiten unverändert. Nach dem Vereinsverbot von 1946 und der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1949 schien nun das Ende für die Gesellschaft gekommen zu sein. Die alten Stände wurden abgerissen und der Saal als Turnhalle weitergeführt.
In der Wendezeit 1989/90 keimte der Gedanke auf, eine längst vergessen gedachte Tradition wieder aufleben zu lassen. Die angestrebte Partnerschaft der Städte Wolfhagen und Ohrdruf führte im Frühjahr 1990 die Schützen aus Wolfhagen-Istha aus Anlass ihrer traditionellen Königsfahrt nach Ohrdruf. Während dieses Besuches waren auch einige unserer späteren Gründungsmitglieder eingeladen und konnten erste Kontakte knüpfen. Dieser Tag gab schließlich den Ausschlag, die Wiedergründung auf den Weg zu bringen. Umfangreiches Material und die nötige Unterstützung fanden wir durch unseren Schützenbruder Kurt Mackrodt, dessen Vater der letzte Protokollführer des Vereins war. Für den 1. Juni 1990 wurden interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer 1. Zusammenkunft in die Klubgaststätte des Schlosses Ehrenstein eingeladen. Bereits an diesem Abend wurde die Gründung beschlossen, und 26 Anwesende traten dem Verein bei. Keiner der Initiatoren hatte mit diesem Ergebnis gerechnet. Zur ersten Mitgliederversammlung am 15.06. wurde ein Vorstand gewählt und die Satzung verabschiedet . Etwa zur gleichen Zeit hatte sich die Altschützengesellschaft Gotha wieder gegründet, mit der wir sofort Kontakte knüpften. In den Personen Hans Beck und Theodor Bonsack fanden wir die richtigen Mitstreiter. Noch im gleichen Jahr wurde der Thüringer Schützenbund und der “Sterzing-Kreis” Gotha gegründet. Bei beiden Gründungen war unser Verein anwesend. Inzwischen war die Städtepartnerschaft zwischen Wolfhagen und Ohrdruf realisiert, und es galt diese durch vielfältige Zusammenarbeit der Vereine mit Leben zu erfüllen. So wurde auch eine Partnerschaft der Schützen beider Städte angestrebt. Am 1. Dezember 1990 empfingen wir in der damaligen Gaststätte "Volkshaus" eine Abordnung der Schützengilde Wolfhagen mit deren 1. Vorsitzenden Alfred Vogel, zur Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden. Der plötzliche Tod des 1. Vorsitzenden unseres Partnervereins Alfred Vogel im August 1992 führte allerdings auch zum erliegen dieser Partnerschaft. Weiterhin standen jedoch noch zwei Höhepunkte auf dem Programm. Zum einen war dies die Proklamation unseres Schützenbruders Roland Schmidt zum 1. Schützenkönig nach der Wiedergründung. Das damalige Königsschießen wurde auf den Ständen der Altschützengesellschaft Gotha 1442 e.V. durchgeführt. Zum zweiten war dies die Ernennung von August Keitel zum Ehrenmitglied unserer Gesellschaft. Schützenbruder August Keitel war das letzte noch lebende Mitglied der bis 1946 bestehenden Gesellschaft. Leider verstarb er bereits im Mai 1991 im Alter von 77 Jahren. Nach dem wir uns durch Unterstützung der Fa. Eduard Rasch und die unermüdliche Arbeit der Mitglieder im "Alten Schützenhof" einen Luftgewehr-Schießstand geschaffen hatten, konnte ein kontinuierlicher Trainings- und Wettkampfbetrieb aufgenommen werden. 1991 vom 23.-30. Juni fand nach 49jähriger Unterbrechung wieder ein Schützenfest statt. Insgesamt nahmen 650 Schützen aus vielen Vereinen und der Bevölkerung teil. Am 19. Juni 1991 erhielten wir dankenswerter Weise von unserem Ohrdrufer Bürger Klaus Leopold völlig unerwartet 95 Schilder der alten Königskette. Diese fanden sich im Zuge einer Bodenentrümpelung im Haus der Ohrdrufer Familie Ehrhardt. Schon im Jahr 1990 waren uns von Frau Ehrhardt 25 Schilder der Kette, mehrere Fahnenbänder und ein Pokal übergeben worden. Somit ist das Königskleinod mit 120 von ehemals 154 Silberschildchen wieder fast vollständig in Vereinsbesitz. Die Zahl der Mitglieder betrug Ende 1991 43.
Zum 1. Ohrdrufer Stadtfest 1992 nahmen wir mit einem Festwagen am Umzug teil, außerdem fand eine Ausstellung ”Schützenwesen in Ohrdruf” statt. Das zweifellos wichtigste Ereignis dieses Jahres war allerdings die Weihe unserer neuen Vereinsfahne am 12. Juni 1992. Nach einer Festandacht in der Siechhofskapelle wurde die Fahne am Abend feierlich im Schlosshof des Schlosses Ehrenstein geweiht. Im Dezember 1992 erfuhren wir von veränderten Eigentumsverhätnissen im ”Alten Schützenhof” und nahmen sofort Kontakt mit dem neuen Besitzen auf. Allerdings zwangen uns die nun zu erwartenden Mietforderungen zur Aufgabe des Objektes. Die Zahl der Mitglieder war in diesem Jahr auf 76 angestiegen. Dank der schnellen und unbürokratischen Hilfe durch den Magistrat der Stadt, insbesondere unserer damaligen Mitglieder Bürgermeister Klaus Scheikel und dem 1. Beigeordneten Klaus Kaufmann, wurde mit der ehemaligen Kinderkrippe in der Arnstädter Straße ein geeignetes Objekt gefunden. Nach einigen Umbau- und Renovierungsarbeiten, die ausschließlich von Vereinsmitgliedern vorgenommen wurden, konnte am Ostersamstag die Einweihung unseres neuen Schützenhauses mit vielen befreundeten Vereinen gefeiert werden. Allerdings wurde die Suche nach einem geeigneten Platz für den Bau einer eigenen Schießanlage nicht aufgegeben. Am 16. Mai 1993 wurde das ZDF ”Sonntagskonzert auf Tournee” live vom Gothaer Hauptmarkt gesendet. Auf Einladung nahmen unsere Mitglieder als Mitwirkende an dieser Sendung teil, was zwei Tage Fernsehfeeling bedeutete. Unser Schützenfest 1993 fand erstmals in größeren Rahmen statt. Was für einen Aufwand dies erforderte war uns Gott sei Dank im Vorfeld nicht vollständig bewusst. Den Aufbau des Zeltes, Organisation des Rummels, Betreuung der engagierten Künstler, Abnahme durch den TÜV, zusätzlichen Stromanschluss für die Schausteller Bewirtung, Bewachung des Festzeltes und vieles andere mehr musste von uns realisiert werden . Manche von uns arbeiteten bis an den Rand der Erschöpfung, waren aber voller Freude dabei. Finanziell konnten wir recht zufrieden sein, doch wurde der erzielte Gewinn fast komplett durch die horrenden Mietkosten für das Zelt in Höhe von 10.000 DM aufgezehrt. Da es in Ohrdruf zu diesem Zeitpunkt kein Saal zu Verfügung stand, gab es allerdings keine Alternative zum Festzelt. Nächster Höhepunkt war 1994 das 440-jährige Jubiläum der Erteilung der Schützenordnung von 1554. Aus Anlass dieses Jubiläums wurde uns vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker die” Sportplakette des Bundespräsidenten” verliehen. Wir ließen unsere erste Schützenmedaille prägen, welche während der Festwoche ausgeschossen wurde. Wegen des kulturhistorischen und materiellen Wertes unseres Schützenkleinods beschlossen die Mitglieder die Anschaffung einer neuen Königskette, die zum Schützenumzug erstmals vom damaligen Schützenkönig Robert Neumann getragen wurde. Das alte Kleinod wurde nur noch zu ganz besonderen Anlässen getragen, so zum 450jährigen Jubiläum 2004. Im Jahr 1994 wurde in Gotha der Förderverein Deutsche Schützentradition gegründet. Vereinszweck ist der Erhalt der Gründungsstätte des Deutschen Schützenbundes in Gotha und die Vorbereitung des 150jährigen Jubiläums des Deutschen Schützenbundes 2011 in Gotha. Unsere Gesellschaft zählt zu den Gründungsmitgliedern dieses Fördervereins. Heute erstreckt sich das Tätigkeitsfeld auch auf die Unterstützung des Ausbaus des Deutschen Schützenmuseums auf ”Schloss Callenberg” in Coburg. Die Privilegierte Schützengesellschaft Goslar von 1220 e.V. beging im Jahr 1995 ihr 775jähriges Jubiläum. Gleichzeitig war der Jubiläumsverein Ausrichter des 12. Bundestreffens der Ältesten Schützenvereinigungen im Deutschen Schützenbund, zu welchem wir eingeladen waren. Etwa 25 Mitglieder machten sich zur alten Kaiserstadt auf, die uns mit Kaiserwetter empfing. Ein solches Fest hatten wir noch nicht erlebt. 5400 Schützen aus 177 Städten und 6 Nationen waren nach Goslar gereist. Seither haben an allen weiteren Treffen Mitglieder unserer Gesellschaft teilgenommen.
Zum 1275jährigen Jubiläum der Ersterwähnung Ohrdrufs im Jahr 1999 beschlossen wir in Abstimmung mit dem Magistrat der Stadt eine dauerhafte Ausstellung über das Ohrdrufer Schützenwesen im Heimatmuseum einzurichten. Diese wurde am 29. Mai feierlich eröffnet. Zur Zeit sind die Ausstellungsstücke wegen Umbauarbeiten eingelagert. Ein neues Konzept wie es mit dieser Ausstellung weitergehen soll, liegt uns leider noch nicht vor. Mit den Planungen zum Neubau einer neuen Drei-Felder-Mehrzweckhalle 1999/2000 wurde gleichzeitig die Errichtung eines Schießstandes und einer Bowlingbahn beschlossen. Im Frühjahr 2002 konnten die Ausbauarbeiten durch unsere Mitglieder beginnen. Die offizielle feierliche Eröffnung unseres jetziges Domizils mit geladenen Gästen fand am 1. Juni 2002 statt. So konnte nach 12 Jahren des Bestehens endlich ein unseren Anforderungen entsprechender Schießstand eingeweiht werden. Im Jahr 2004 hatten wir dann unser großes Jubiläum 450 Jahre Altschützengesellschaft Ohrdruf 1554 e.V. Ein Jubiläum, das in gebührender Weise vom 21.-31. Mai gefeiert wurde.Gleichzeitig waren wir Ausrichter des Kreisschützenfestes. Eine große Herausforderung für die damaligen Mitglieder. Dieses Jubiläum war auch Anlass zur Herausgabe unserer Chronik und einer weiteren Schützenmedaille.
|